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"Wir brauchen ein Umparken im Kopf"

HGZ-Symposium zur Interdisziplinarität: Mehr als 100 Teilnehmer diskutieren über ganzheitliche Therapie bei Herzschwäche.

Bad Bevensen. Immer dreht sich alles ums Herz. Wird bei Patienten eine Herzschwäche diagnostiziert, richtet sich klassischerweise der Blick der Mediziner vor allem auf den Lebensmotor in der Brust, der idealerweise an die 100.000 Mal am Tag schlagen sollte. Wie wichtig es jedoch ist, auch Lunge und Nieren bei der Therapie von Herzerkrankungen zu betrachten, dies stellte das nunmehr zehnte HGZ-Symposium im Herz- und Gefäßzentrum Bad Bevensen (HGZ) in den Fokus.

Mehr als 100 Ärzte und medizinische Fachleute aus der gesamten Region begrüßt Professor Dr. Gerhard Wimmer-Greinecker, Chefarzt der Herz-Thorax-Chirurgie am HGZ, zu der Veranstaltung. „Seit zehn Jahren wird am HGZ kardio-renale Medizin betrieben, seit drei Jahren ist zusätzlich die Pneumologie am Hause etabliert“, berichtet er. Wie genau das Zusammenspiel dieser verschiedenen Fachdisziplinen funktioniert und welche Vorteile es vor allem für die Patienten hat, das macht Professor Dr. Bjoern Andrew Remppis, Chefarzt der Klinik für Kardiologie am HGZ, an verschiedenen Beispielen deutlich.

„Wir haben eine syndromale Durchdringung der chronischen Herz-, Lungen- und Nierenerkrankungen“, bringt es Professor Remppis auf den Punkt, „wobei jeweils die eine Erkrankung den Verlauf der beiden anderen negativ beeinflussen kann. Gerade die Tatsache, dass die Herzinsuffizienz so häufig zu erneuten Krankenhausaufenthalten führt, muss uns den Blick hierfür schärfen und uns dazu veranlassen, immer alle drei Organsysteme in der Zusammenschau zu behandeln.“

Welche Entwicklungen es bei der Implantation und Technik von Herzschrittmachern gibt, das zeigt Peter Falk, Oberarzt der Klinik für Kardiologie am HGZ, auf. So können mittlerweile in bestimmten Fällen Geräte direkt im Herzen platziert werden, die gerade mal so groß sind wie der kleine Finger eines Menschen. Diese „Leadless Pacer“ funktionieren komplett ohne Sonden – letztere befinden sich klassischerweise an den konventionellen Herzschrittmachern und können gelegentlich für Infektionen und andere Komplikationen sorgen. Wie diese defekten Sonden dann per moderner Lasertechnik entfernt werden können, zeigt Falks Kollege der Klinik für Herz-Thorax-Chirurgie am HGZ, Oberarzt Stefan Erler. Interaktiv und unterhaltsam geht es dann beim Thema EKG zu: Evgeny Lyan und Dr. Robert Pantlik, Oberärzte der Klinik für Kardiologie am HGZ, erläutern anhand verschiedener EKG-Aufzeichnungen mit so kuriosen Namen wie „Der König ist tot. Es lebe der König.“ oder „Einohrhase“, auf welche Erkrankungen all die Zacken und Linien hinweisen können.

Dr. Peter Hannemann vom Allgemeinen Krankenhaus (AKH) Celle widmet sich unterdessen der Blutgasanalyse, die Aufschluss über den Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt des Blutes gibt. Nicht nur für die Beatmungsmedizin seien dies wichtige Parameter, betont der Chefarzt der Klinik für Pneumologie und Beatmungsmedizin am AKH Celle, sondern auch bei Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz. „Ich möchte eine Lanze dafür brechen, dass man den Patienten in seiner Gesamtheit betrachtet“, appelliert Dr. Hannemann vor allem an die Hausärzte im Symposium. So sei zum Beispiel die Schlafapnoe (Atemstörung während des Schlafs) ein großer Risikofaktor für die Herzschwäche. Außerdem habe die Praxis gezeigt, dass rund 30 Prozent der Herzschwäche-Patienten auch an der Lungenerkrankung COPD litten.

Die Sicht der Nephrologen auf das Thema Herzinsuffizienz legen Professor Dr. Markus Meier vom Nierenzentrum Reinbek und Dr. Carsten Brockmann vom MVZ Bad Bevensen dar. So könne der Blutfluss in den Nieren- und Lebervenen Aufschluss über eine Herzerkrankung geben, erklärt Dr. Meier. Und sehr viele Hämodialyse-Patienten mit Nierenschwäche hätten auch eine Herzschwäche, berichtet Dr. Brockmann aus dem MVZ.

Die angeregten und detaillierten Diskussionen der Symposium-Teilnehmer zum Thema Interdisziplinarität geben den Organisatoren am Ende recht. „Die klassische Sichtweise bei Herzinsuffizienz ist kardio-zentrisch“, sagt Professor Dr. Bjoern Andrew Remppis. „In der Realität ist aber eine Medizin notwendig, die Nieren- und Atemspezialisten gleichermaßen mit einbindet. Wir brauchen da ein Umparken im Kopf.“