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"Reducer" sorgt für mehr Blut im Herzen

Im HGZ wurde jetzt erstmals ein neues Verfahren zur Therapie der Angina Pectoris angewendet.

Bad Bevensen. Sie werden als dumpf und drückend, brennend und einschnürend empfunden – die Schmerzen im Brustraum bei einer Angina Pectoris. Sie tritt auf, wenn krankhaft verengte Herzkranzgefäße zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffverbrauch und Sauerstoffbereitstellung im Herzmuskel führen. Oftmals gehen die genannten Symptome mit Atemnot und Angst einher und bedeuten so für Betroffene eine starke Einschränkung der Lebensqualität. Im Herz- und Gefäßzentrum (HGZ) Bad Bevensen wurde nun der erste Patient, bei dem bislang alle herkömmlichen Therapiemethoden wirkungslos geblieben waren, mit einem neueren Verfahren behandelt: der Implantation eines sogenannten koronaren Reducers.


„Der Patient hatte bereits 2019 eine Bypass-Operation und danach mehrfache Stent-Implantation erhalten. Dies und auch eine ausgefeilte medikamentöse Therapie halfen jedoch nicht, das chronische Schmerzsyndrom zu durchbrechen“, erklärt Professor Dr. Ulrich Schäfer. „Auch die Gabe von Opiaten und die Implantation eines Schmerz-Schrittmachers blieben ohne Erfolg“, berichtet der Leiter der Sektion Innovative interventionelle Herzmedizin der Klinik für Kardiologie am HGZ. Er führte den Eingriff gemeinsam mit Privat-Dozent Dr. Christof Burgdorf durch, der dort die Sektion für Strukturelle Herzerkrankungen führt.


Bei dem Reducer (engl. reduce = verringern) handelt es sich um ein kleines Drahtgeflecht in Form einer Sanduhr. Mit einem speziellen Kathetersystem wird es über die Leistenvene – auch der Zugang über die Halsvene ist möglich – in die große Vene des Herzens (Koronarvenensinus) eingesetzt und dort von einem Ballon an die Gefäßwand gedrückt. Hat sich das Blutgefäß nach etwa drei Monaten an die Form des Reducers angepasst, verringert dieser hier fortan den Rückstrom des Blutes aus dem Herzmuskel in den rechten Vorhof. Die Folge: Der Druck im Koronarvenensinus steigt minimal an und verursacht wiederum eine Erweiterung der ihm vorgeschalteten kleinsten Gefäße des Herzens. „Diese künstlich herbeigeführte Verengung sorgt also dafür, dass das venöse Blut etwas länger in den Herzkranzgefäßen verbleibt, zu-gleich in schlechter durchblutete Areale umverteilt wird und der Herzmuskel - insbesondere dort, wo der Sauerstoff fehlt - besser mit Sauerstoff versorgt wird“, erklärt Professor Schäfer.


Das Verblüffende dieses Verfahrens: „Üblicherweise werden in der Kardiologie Engstellen beseitigt – hier wird mit einer sehr simplen Methode bewusst eine Engstelle erzeugt“, gibt PD Dr. Christof Burgdorf zu bedenken. „Wohlgemerkt befindet sich diese Engstelle allerdings im venösen Abflusssystem des Herzens und nicht an den Arterien, was ein gewisses Umdenken erfordert.“


Der Eingriff dauert etwa eine Stunde und wird unter örtlicher Betäubung durchgeführt. „Eine Vollnarkose ist nicht erforderlich, sodass dieses Verfahren in schweren Fällen der Angina Pectoris nicht nur sehr wirkungsvoll – drei von vier Patienten zeigen eine klinische Verbesse-rung -, sondern auch äußerst patientenschonend ist“, betonen Professor Schäfer und Dr. Burgdorf. In etwa drei Monaten wird sich zeigen, inwiefern der betroffene Patient im HGZ von der neuen Behandlungsmethode profitiert. Bereits am Tag nach dem Eingriff konnte er zufrieden und hoffnungsvoll nach Hause entlassen werden.

    Haben Sie Fragen?

  • Prof. Dr. med. Ulrich Schäfer
    Sektionsleitung Innovative interventionelle Herzmedizin
    Tel.: 05821 82-1703
  • Priv.-Doz. Dr. med. Christof Burgdorf
    Sektionsleitung Strukturelle Herzerkrankungen
    Tel.: 05821 82-1703