HGZ-Logo

Ganz nah am Herzen

Vor 30 Jahren wurde die Herz-Thorax-Chirugie am HGZ Bad Bevensen eröffnet

Bad Bevensen. „In den 90-er-Jahren flogen Ärzte mit ihren Patienten nach London und operierten sie dort am Herzen, weil es in Deutschland zu wenige Kapazitäten gab.“ Dr. Aiman Alken, Chefarzt der Anästhesiologie und Intensivmedizin im Herz- und Gefäßzentrum (HGZ) Bad Bevensen, erinnert sich noch genau an diese Zeit. Denn in Niedersachsen wird damals der Bedarf an Herzspezialisten schnell erkannt: Das Sozialministerium gibt 1991 grünes Licht für eine Herz-, Gefäß- und Thorax-Chirurgie (HGT-Chirurgie) in Bad Bevensen, fördert das Vorhaben mit 30 Millionen D-Mark. Am 22. Juni 1993 ist es dann soweit: Dr. Alken und der damalige Chefarzt der HGT-Chirurgie, Professor Dr. Joachim Laas, operieren in Bad Bevensen ihren ersten Patienten am offenen Herzen.

An den Namen des Mannes - ein Herr aus Uelzen - erinnert sich Dr. Alken noch genau. Auch das OP-Team, mit dem er damals von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) nach Bad Bevensen wechselt, hat er bis heute vor Augen. Ebenso wie die Spannung vor dem Eingriff. „Es war wie vor einem Flug: Das Team hat alles doppelt und dreifach gecheckt, damit Mensch und Technik leistungsfähig sind. Wir haben noch zusammen gefrühstückt – und dann ging es los.“

Seit 30 Jahren besteht heute also die Herz-Thorax-Chirurgie am HGZ. Sie ist eine von sechs Herzchirurgien in Niedersachsen. 2007 übernimmt Professor Dr. Gerhard Wimmer-Greinecker die Leitung und führt hier mit seinem Team jährlich rund 1300 Operationen am offenen Herzen durch – etwa 50 Prozent sind Bypass-Operationen, 30 bis 35 Prozent entfallen auf Eingriffe an den Herzklappen. Vor allem auf minimalinvasive Eingriffe – Operationen, bei denen nur kleine Schnitte am Körper vorgenommen werden - sind die Bevenser Herzchirurgen spezialisiert.

Behutsamen Operationstechniken kommt insgesamt eine große Bedeutung zu. Schließlich ist inzwischen jeder fünfte Herzpatient am HGZ älter als 80 Jahre. Und damit nehmen auch die sogenannten katheterbasierten Eingriffe einen immer größeren Raum in der Herzmedizin ein. Mit ihnen werden beispielsweise neue Herzklappen durch einen kleinen Schnitt in der Leiste per Katheter an ihren Bestimmungsort im Herzen geführt. Die Herzchirurgen arbeiten dabei eng mit ihren Kollegen der Kardiologie zusammen. Auch mit der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin geht es Hand in Hand – zum Beispiel auf dem Gebiet der Herzunterstützungssysteme. „Die Schnittmengen werden immer größer“, sagt Professor Dr. Wimmer-Greinecker. „Vielleicht wird man in einigen Jahren nur noch von der ‚Herzmedizin‘ an sich sprechen.“

War man vor 30 Jahren im HGZ mit drei Sälen in den herzchirurgischen Operationsbetrieb gestartet, sind es heute sechs – darunter einer der modernsten Hybrid-OPs Norddeutschlands. Hier können Mediziner verschiedener Disziplinen gleichzeitig Hand in Hand agieren.

„Es gibt am HGZ alles, was es an den großen Uni-Kliniken auch gibt“, betont Professor Dr. Gerhard Wimmer-Greinecker, „ausgenommen die Herztransplantation.“ Mehr noch: In Bad Bevensen werden auch Eingriffe vorgenommen, die nicht an jeder Uni-Klinik erfolgen - komplexe minimalinvasive Bypass-OPs am schlagenden Herzen zum Beispiel oder auch die sogenannte Ross-Operation (hierbei wird eine erkrankte Aortenklappe durch die patienteneigene gesunde Pulmonalklappe ersetzt).

Und noch eine Besonderheit haben die Bevenser zu bieten: Nach ihrer OP können die Patienten der Herzchirurgen direkt in die auf Herzerkrankungen spezialisierte Reha-Klinik im HGZ wechseln. Eine Konstellation, die vor allem in puncto Patientensicherheit von großem Wert ist und wie es sie bundesweit nur an wenigen weiteren Häusern gibt.

Doch die klassische Herzchirurgie steht vor einem Wandel. Immer mehr Herzerkrankungen werden per Katheter behandelt. „So bleiben für die Chirurgen nur noch die sehr komplexen Fälle übrig oder aufwändigere Operationen, zum Beispiel bei Komplikationen nach katheterbasierten Eingriffen“, sagt Professor Dr. Wimmer-Greinecker. „Für die Zukunft ist es daher eine Herausforderung, junge Kollegen für diese anspruchsvollen Eingriffe fit zu machen.“

Die Herausforderung anzunehmen lohne sich allemal, sind sich er und Dr. Alken einig. „Die Herzchirurgie ist ein faszinierendes Fach“, sagen sie. „Und es ist erstaunlich, welche Entwicklung die Herzmedizin genommen hat.“ So waren 1993 noch 80 Prozent aller chirurgischen Eingriffe Bypass-OPs, alle Eingriffe an der Hauptschlagader wurden offen durchgeführt, und an Patienten über 80 Jahre hat man sich gar nicht herangewagt. „Heute gibt es zahlreiche Eingriffe ohne den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine“, sagt Dr. Alken. „Und das Alter eines Patienten spielt eigentlich keine Rolle mehr.“

    Haben Sie Fragen?

  • Dr. med. Aiman Alken
    Ärztlicher Direktor
    Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
    Tel.: 05821 82-1621
  • Prof. Dr. med. univ. Gerhard Wimmer-Greinecker
    Chefarzt der Klinik für Herz-Thorax-Chirurgie
    Tel.: 05821 82-1772